Accessories im funktionellen Training: Warum Zusatzarbeit wichtig für deinen Fortschritt ist
- Lin ny
- 19. Juli
- 6 Min. Lesezeit
Kennst du das? Du hast dein WOD durchgezogen, bist klatschnass, der Timer piept, und eigentlich willst du nur noch durchatmen.
Aber dann steht da auf dem Whiteboard oder Trainingsplan noch ein kleiner Zusatzblock: „Accessory Work – 3 Sets: Bulgarian Split Squats + Side Plank Hold.“
Viele denken sich: „Nö, heute nicht. War schon hart genug.“
Verständlich – aber schade. Denn genau diese letzten 10–15 Minuten sind oft das, was langfristig den Unterschied macht.
Accessories im Training sind nämlich nicht einfach nur Bonus-Übungen, um noch ein bisschen mehr zu machen. Sie sind gezielte Zusatzarbeit, die dich stabiler, stärker und verletzungsfreier macht.
Was sind „Accessories“ überhaupt?

Kurz gesagt: Accessories sind gezielte Ergänzungen zu deinem Haupttraining.
Du denkst also nicht in Kalorien, nicht in Pace, sondern in Funktion:
Wo bist du schwach?
Wo fehlt dir Kontrolle oder Beweglichkeit?
Welche Bewegung kippt dir immer wieder weg?
Ein paar Beispiele:
Du willst bessere Pull-ups? → Du brauchst mehr scapular control, mehr Körperspannung, mehr Zugkraft.
Deine Knie sind instabil beim Squat? → Zeit für ein paar Step-downs oder Banded Glute Bridges.
Du bekommst schnell Schulterprobleme? → Face Pulls, External Rotations und Scap Push-ups warten auf dich.
Accessories bauen das auf, was im WOD oft untergeht: Kontrolle, Präzision, bewusste Spannung und echte Qualität.
Was Accessories nicht sind
Accessories sind nicht einfach „mehr“. Sie sind gezielt.
Es geht nicht darum, nach dem Training noch 300 Sit-ups zu machen oder 20 Minuten auf dem Assault Bike „runterzufahren“.
Accessories sind auch nicht fancy Insta-Moves, bei denen du auf einem Balance Pad einhändig die Kettlebell schwingst, während du auf einem Bein stehst.
Ziel ist immer: Eine bestimmte Schwachstelle oder Fähigkeit verbessern – sauber, ruhig, ohne Hektik.
Was sind typische Accessory-Formate?

Accessories müssen nicht kompliziert sein. Im Gegenteil: Die besten Zusatzübungen sind oft die einfachsten – wenn du sie gezielt und regelmäßig machst.
Hier sind typische Formate, die du ganz einfach in dein Training einbauen kannst:
Pulling Strength (Zugkraft und Kontrolle)
Wenn du Klimmzüge verbessern oder deine Zugbewegungen stabiler machen willst, brauchst du mehr als Kipping-Volumen.
Typische Übungen:
Ring Rows (kontrolliert, ggf. mit Pause oben)
Scapular Pull-ups (Aktivierung Schulterblatt)
Negativ-Pull-ups (langsam absenken, z. B. 5–8 Sekunden)
Hollow Hold + Pull-up-Integration
Banded Pull-downs (Zugmuster festigen)
Ziel: Kraft im oberen Rücken, saubere Schultermechanik, Körperspannung aufbauen
Schulterstabilität & Prehab
Deine Schultern tragen im funktionellen Training oft die Hauptlast – sei es beim Overhead Squat, beim Snatch oder bei Handstandbewegungen.
Typische Übungen:
Banded External Rotations (für Rotatorenmanschette)
Scap Push-ups (Kontrolle & Aktivierung)
Face Pulls (mit Zugband oder Kabel)
Plate Raises mit Pause (Front und Mid-Delts)
Cuban Press
Ziel: Schulterschutz, Bewegungsqualität über Kopf, Haltung verbessern
Core & Midline Stability
Ohne starke Mitte keine Kontrolle – weder bei Lifts noch in Gymnastics. Accessories fürs Core-Training bringen dich weiter, wenn es um Spannung und Haltung geht.
Typische Übungen:
Hollow Body Hold
Deadbug Variationen
Plank + Side Plank (auch mit Gewicht)
Hanging Knee Raises / Toes-to-Bar-Progression
Weighted Carries (Farmer’s, Waiter’s, Suitcase)
Ziel: Körperspannung verbessern, Kontrolle in dynamischen Bewegungen, Schutz für Wirbelsäule
Beinachsentraining & Hüftstabilität
Wenn deine Knie kippen, du im Squat instabil bist oder Hüftkraft fehlt, helfen dir gezielte, einbeinige und kontrollierte Bewegungen.
Typische Übungen:
Step-downs (z. B. vom niedrigen Kasten)
Bulgarian Split Squats
Glute Bridges / Hip Thrusts
Banded Side Walks / Monster Walks
Tempo Air Squats
Ziel: Kontrolle auf einem Bein, Stabilität im Kniegelenk, Glute-Aktivierung
Tempo-Arbeit & Isometrie
Manchmal geht es nicht um mehr Wiederholungen – sondern um ein besseres Gefühl für Position und Spannung. Tempo und Halteübungen schulen genau das.
Typische Formate:
Tempo Squats (z. B. 3 Sekunden runter, 2 Sekunden unten, zügig hoch)
Tempo Push-ups (gleiches Prinzip)
Isometrisches Halten (z. B. 20 Sekunden Hollow Hold, Plank, L-Sit)
Pause Back Squats / Pause Pulls
Ziel: Positionen besser kontrollieren, Bewegungsbewusstsein schärfen, Kraftkurve ausgleichen
Unilaterale Arbeit
Beidseitige Bewegungen können Schwächen verstecken. Einbeinige und einarmige Übungen decken sie auf – und helfen dir, sie auszubalancieren.
Typische Übungen:
One-arm DB Press
One-leg RDL
Single-arm Row
Step-ups mit Fokus auf Standbein
Kettlebell Suitcase Carry
Ziel: Gleichgewicht, Koordination, Kraftverteilung verbessern
Was bringen mir Accessories im Training konkret?

Ganz einfach: Accessories machen dich kompletter. Stabiler. Belastbarer.
Sie sind wie das Fundament unter dem sichtbaren Teil deines Trainings – du siehst sie nicht sofort, aber du spürst den Unterschied, wenn sie fehlen.
1. Du verbesserst deine Technik
In einem WOD ist oft keine Zeit für Feinheiten. Da geht’s um Tempo, Wiederholungen, Time Cap. Accessories geben dir den Raum, Bewegungen kontrolliert und gezielt zu üben.
Du kannst Schwächen isolieren und Bewegungsfehler korrigieren – ohne Stress.
Beispiel: Du kämpfst mit Pull-ups? Dann helfen dir Ring Rows, Hollow Holds und Scap Pull-ups, um die Basics sauber aufzubauen.
2. Du baust gezielt Kraft auf
In komplexen Übungen übernehmen oft dominante Muskeln die Arbeit. Accessories helfen dir, gezielt kleinere, oft „vergessene“ Muskelgruppen zu aktivieren und zu stärken – zum Beispiel im Core, in den Schultern oder Hüften.
Das Ergebnis: mehr Kontrolle, mehr Power, weniger Kompensation.
Beispiel: Glute Bridges, Step-ups oder Split Squats sorgen für stärkere Beine – und helfen dir, mehr aus deinem Deadlift oder Snatch herauszuholen, ohne dass du dich zerschießt.
3. Du beugst Verletzungen vor
Gerade bei funktionellem Training wird viel gefordert – hohe Wiederholungszahlen, explosive Bewegungen, Überkopfpositionen.
Wenn dir irgendwo Stabilität, Beweglichkeit oder Kontrolle fehlt, steigt das Verletzungsrisiko. Accessories helfen dir, gezielt gegenzuarbeiten.
Beispiel: Mit Banded Rotator Cuff Work, Y-Raises oder Controlled Scapular Push-ups stabilisierst du deine Schulter – bevor sie dich irgendwann bremst.
4. Du entwickelst echte Körperspannung
Ob Pull-ups, Toes to Bar oder ein sauberer Deadlift: Midline-Kontrolle ist der Schlüssel.
Accessories geben dir die Tools, um Körperspannung aufzubauen, zu halten – und irgendwann automatisch abzurufen.
Beispiel: Planks, Hollow Holds, Deadbugs, Weighted Carries – das sind keine „Extras“, das ist dein Core-Fundament.
5. Du arbeitest gezielt an deinen Schwächen
Wenn du immer nur das trainierst, was du sowieso gut kannst, wirst du stagnieren.
Accessories bringen dich raus aus deiner Komfortzone – auf eine Weise, die dir hilft, weiterzukommen.
Du wirst merken: Die Übungen, die dich langweilig oder sich unangenehm anfühlen, sind oft genau die, die dir fehlen.
Beispiel: Du liebst Cleans, aber hasst Front Rack Mobility Work? Rate mal, was deinen Clean limitieren wird…
Wie baue ich Accessories sinnvoll ins Training ein?

Gute Nachricht: Du musst dafür nicht alles umstellen. Accessories lassen sich unkompliziert in dein Training einbauen – wenn du weißt, wann und wie.
Hier sind die besten Optionen, wie du das clever machst – egal, ob du 2 oder 6 Mal pro Woche trainierst:
1. Direkt nach dem Hauptteil
Das ist der Klassiker: Du hast den Kraftteil oder dein WOD gemacht – und hängst noch 10–15 Minuten Accessory-Arbeit dran.
Warum das funktioniert:
Du bist warm, fokussiert und "drin".
Du kannst gezielt an etwas arbeiten, ohne Druck durch Zeit oder Score.
Du nutzt die Zeit produktiv statt einfach abzubauen.
2. Als eigener Block an einem separaten Trainingstag
Wenn du regelmäßig trainierst, lohnt es sich, einen dedizierten Accessory Day einzubauen – z. B. leichtes Techniktraining, isolierte Kraftarbeit oder Prehab.
Typisch:
Schulter & Core
Hip Stability & unilateral Legs
Strict Pull-up Strength & Hollow Work
Ideal an Tagen mit geringerer Intensität – oder als aktive Regeneration.
3. Vor dem Training – als gezielte Aktivierung
Du kannst Accessory-Elemente auch ins Warm-up integrieren – besonders bei Technik-Schwerpunkten oder Mobilitätszielen.
Du aktivierst gezielt die Strukturen, die du gleich brauchst – und arbeitest langfristig an Defiziten, ohne Extra-Zeit zu brauchen.
4. Im Superset mit Hauptübungen
Du kannst Accessories auch zwischen Sätzen großer Lifts einbauen – das spart Zeit und hält die Qualität hoch.
Beispiel:
A1: Front Squat – 3×5
A2: Bird Dog Hold – 3×30 Sek.
B1: Romanian Deadlift – 3×10
B2: Hanging Scap Shrug – 3×10
So bringst du Spannung, Stabilität und Haltung in dein Krafttraining – ganz ohne Extra-Block.
5. Minimal, aber regelmäßig
Du musst nicht jeden Tag Accessories machen. Wichtig ist, dass du sie konstant einplanst – z. B. 2–3 kurze Einheiten pro Woche, jeweils mit klarem Fokus.
Das reicht völlig aus, um Schwächen zu verbessern und deinem Training Tiefe zu geben.
Was sollte ich bei Accessories im Training vermeiden?

Accessories können richtig viel bewirken – wenn du sie sinnvoll nutzt. Leider schleichen sich genau hier oft Fehler ein, die den Effekt verpuffen lassen.
Hier sind die häufigsten Stolperfallen – und wie du sie vermeidest:
Accessory = „Extra, wenn noch Zeit ist“: Wenn du Accessories immer nur machst, wenn zufällig Zeit übrig ist, wirst du sie fast nie machen – oder sie werden beliebig.
Ziellos durchprobieren: Heute Hip Mobility, morgen Schulterstabi, übermorgen Core... klingt motiviert, bringt aber wenig. Ohne Fokus gibt es keinen Fortschritt.
Alles auf einmal: Das Gegenteil von gar nichts ist nicht gleich zu viel. Wenn du nach dem WOD noch 7 Accessory-Übungen abreißen willst, leidet fast immer die Qualität.
Husch-husch durchziehen: Accessories sind kein Metcon. Kein Score, kein Time Cap, kein „Ich muss durchziehen“. Hier geht’s um saubere Ausführung, Spannung und Kontrolle.
Keine Progression: Du machst zwar regelmäßig Hollow Holds – aber immer gleich lang, gleich oft, gleich schwer? Dann passiert irgendwann… gar nichts. Auch Accessories brauchen Progression: mehr Wiederholungen, längere Haltezeiten, schwereres Gewicht, langsameres Tempo.
Fancy statt funktional: Instagram ist voll von verrückten Accessory-Ideen auf Balanceboards, mit Mini-Bändern um die Zehen oder fünf Tools gleichzeitig. Klingt spannend – bringt aber selten mehr als eine saubere, einfache Übung.
Kurz gesagt: Accessories sind kein Spielplatz. Sie sind dein Werkzeugkasten. Du musst keine 100 Varianten können – du musst nur wissen, was du brauchst, und es regelmäßig tun.
Accessories: Weniger Show, mehr Substanz
Accessories sind nicht der spektakuläre Teil deines Trainings – aber sie sind der entscheidende.
Wer sie ernst nimmst, bleibst du verletzungsfrei, wirst technisch sauberer, baust echte Kontrolle auf und hast mehr Power, wenn es im WOD ernst wird.
Du musst nicht alles auf einmal machen. Aber wenn du regelmäßig ein paar gezielte Blöcke einbaust, wirst du nach wenigen Wochen merken, dass du dich sicherer bewegst, besser fühlst und mehr kannst.
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